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Einblicke in die Bergbaugeschichte der Stadt Kamen

Eine Ausstellung begibt sich auf die Spuren der Industrie, die die Stadt Kamen entscheidend geprägt hat.

In Szene gesetzt: Das Fördergerüst des Schachts 1 der ehemaligen Schachtanlage Grille 1/2 erinnert noch heute an die Bergbauhistorie der Stadt. FOTO: (A)STEFAN MILK

Vom 15. Mai bis 21. Juni zeigt die Rathausgalerie Fotos von Claus Marklseder und Jörg Stipker zu Facetten des Bergbaus – nicht ohne Grund: Denn die Steinkohle hat die Entwicklung der Region um Kamen entscheidend geprägt und in diesem Jahr jährt sich ein entscheidender Moment der Stadtgeschichte.

Im Jahr 1873, als vor 150 Jahren, wurde in Kamen der erste Schacht der späteren Zeche Monopol abgeteuft, ein Jahr später stießen die Bergleute in 286 Metern Tiefe auf die Steinkohleschicht. Weitere drei Jahre später brachte man die erste Kohle ans Tageslicht und 1879 begann schließlich die Förderung (lt. Joachim Huske "Die Anfänge der Steinkohlezechen im Ruhrrevier von den Anfängen bis 1997").

Steinkohlenbergbau war damals ein risikoreiches Unternehmen, denn wenn ein Schacht abgeteuft wurde, war nicht klar, ob und in welcher Tiefe man auf Steinkohle stoßen würde. Das Deckgebirge, das über den Kohleschichten lag, hatte unterschiedliche Schichtdicken je nach Standort im Ruhrrevier, bei Kamen war es sehr mächtig. Um die Rechte zum Abbau zu erhalten, musste durch Probebohrungen erst der Beweis erbracht werden, dass der Schacht tatsächlich Kohle fördern würde. Erst danach wurde mit der Errichtung eines funktionalen Förderturms über dem Schacht begonnen, vorher stand dort nur ein Teufgerüst.

Nachdem der erste Schacht in Kamen auf Kohle gestoßen und die Gewerkschaft (damaliger Name für den Zusammenschluss von Unternehmern) Monopol gegründet worden war, wurde 1887 ein zweiter Schacht in Bergkamen abgeteuft. Die größten Anteilseigner an der Gewerkschaft Monopol waren Friedrich Grillo und Heinrich Grimberg. Die ersten Schächte wurden nach ihnen benannt. Bereits 1880 wurde auch eine Kokerei in Betrieb genommen.

Der Bergbau war neben dem Anschluss an die Köln-Mindener Eisenbahn im Jahr 1847 ursächlich dafür, dass sich die Stadt Kamen über ihre mittelalterlichen Grenzen hinweg ausdehnte. Die Einwohnerzahl stieg zwischen 1871 und 1910 von rund 3700 auf etwa 11.000 Menschen.

Für die Zechenarbeiter wurde neuer Wohnraum benötigt und Arbeiterwohnungen sowie Zechensiedlungen wurden gebaut. Obwohl die Arbeit unter Tage hart und gefährlich war, zog sie viele Menschen vor allem aus Oberschlesien in die Region.

Viele wurden aber auch von Werbern mit falschen Versprechungen angelockt. Die realen Arbeitsbedingungen und Ungerechtigkeiten bei der Bezahlung ließen die Stimmung bei Neuankömmlingen schnell sinken. Hinzu kam Willkür seitens der Arbeitgeber: Die Bergbaugesellschaften konnten ihre Regeln selbst festlegen, der Staat hatte ihnen das Recht dazu überlassen.

1889 kam es deswegen zu einem großen Bergarbeiterstreik. In Kamen wurde vor allem für kürzere Arbeitszeiten gestreikt. Der Kaiser empfing eine Delegation aller Streikenden und es wurden Teile ihrer Forderungen erfüllt. In der Folge wurde der alte Verband", ein Vorläufer der späteren Bergbaugewerkschaft IGBE gegründet.

Zwangsarbeit unter Tage

Die weitere Geschichte des Kamener Bergbaus wurde durch die politischen Ereignisse geprägt. Vor allem im Zweiten Weltkrieg wurde viel Infrastruktur zerstört. Unter Tage mussten viele Zwangsarbeiter die schwere Arbeit übernehmen. Sogar über das Kriegsende hinaus wurden Menschen aus den Gefangenenlagern zwangsweise in die Zechen geschickt. In dieser Zeit kam es zu den zwei schwersten Unglücken auf der Zeche Monopol, die sich längst über das heutige Kamener Stadtgebiet ausgedehnt hatte: Im Jahr 1944 starben 107 Bergleute unter Tage, viel von ihnen Zwangsarbeiter. Am 20. Februar 1946 kam es durch eine Schlagwetterexplosion unbekannter Ursache zu einer noch größeren Katastrophe, bei der 405 Bergleute ihr Leben verloren. Daraufhin wurden die zwei betroffenen Schächte Grimberg 3 und 4 in Bergkamen zeitweise stillgelegt.

In den 1950er-Jahren florierte die Wirtschaft wieder. Kohle wurde subventioniert, damit die Industrie ausreichend mit Energie beliefert wurde. Allerdings kam es wenig später zu einer Kohlekrise in Deutschland, in deren Verlauf viele kleinere Zechen geschlossen oder zusammengelegt wurden. 1957 war die Hochzeit der Zechen mit 141 Zechen im Ruhrgebiet erreicht.

Kurzer Neustart

Noch 1966 wurde auf Monopol mit dem heute unter Denkmalschutz stehenden Fördergerüst ein neuer Schritt in eine vermeintlich kohlegeprägte Zukunft unternommen. Die Betreibergesellschaft wollte in deutlich tiefere Erdschichten vordringen und im größeren Stil fördern. Nur noch Flöze mit bestimmter Mächtigkeit wurden abgebaut, und diese waren nur in sehr tiefen Erdschichten zu finden. Durch politische Entscheidungen wurde allerdings schon kurze Zeit später das Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland besiegelt. Der letzte Kamener Schacht wurde 1983 stillgelegt, die Tagesanlagen weitestgehend abgerissen.