Dass die Baden-Württemberger alles können bis auf Hochdeutsch hat sich dank des Werbespruchs herum gesprochen. In seiner zweiten Heimat bei Fröndenberg/Ruhr beweist Astronomie-Experte Markus Paul, dass da was dran ist.
Neben seinem Beruf als Physiotherapeut hat sich Markus Paul seiner Leidenschaft, der Astronomie gewidmet. So intensiv, dass ihm rund um die Astronomie ständig neue Projekte einfallen, die er erfindungsreich umsetzt. Bei einem seiner ersten Spaziergänge nach in Westfalen hat er sich vorgestellt, wie schön es wäre, so einen Spaziergang mit Wissensvermittlung in Sachen Astronomie zu verbinden.
Und ganz in der Nähe seiner neuen Heimat, am Haarstrang, fand er sehr gute Bedingungen für die Sternbeobachtung vor. Vermutlich, so meint Paul, wird das Licht der nahen Städte Unna und Dortmund dort durch die Hügel der Umgebung ferngehalten. Jedenfalls hat Markus Paul nicht gezögert und sich zur Umsetzung seiner Idee mit dem Tourismusbüro der Stadt Fröndenberg/Ruhr in Verbindung gesetzt. So erfuhr er vom Meditationspfad in Bausenhagen. Dieser 2,4 Kilometer lange Rundweg wird von einem Arbeitskreis der Ev. Kirche Bausenhagen betreut.
Von Bausenhagen aus ins All schauen
Der schon länger existierende Pfad bedurfte einer Erneuerung und die Idee, einen Astronomiepfad entlang derselben Strecke anzulegen, wurde in Bausenhagen gut aufgenommen. Heute ist der Weg auf zwei Arten nutzbar und hat den bedeutungsvollen Namen „Heaven and Sky“.
Der Meditationspfad bietet an zehn Fenster-Stationen geistige Impulse, der Astronomiepfad besteht ebenfalls aus zehn wetterfesten Stationen mit lehrreichen Bildtafeln und Modellen zum Weltall. Diese führen die Spaziergänger vom relativ nahe liegenden Mond bis hin zum Leo Triplet, das 35 Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist. Wegen dieser Dimensionen ist der Weg nicht maẞstabgetreu, so Markus Paul, sonst müsste man hier ewig wandern.
Das Konzept einen astronomischen Lehrpfad mit dem Meditationspfad zu kombinieren ist hier aufgegangen: „Heaven and Sky“ erhielt bereits den Heimatpreis 2021 und wurde auch mit dem Bürgerbudget der Stadt Fröndenberg bedacht. Aus diesen Mitteln hat das Pfad-Team zuletzt eine drehbare Holzliege angeschafft, die nun neben der Bausenhagener Kirche wahlweise zur Meditation oder zur Betrachtung des Sternenhimmels einlädt.
Wer den Pfad selbstständig begehen möchte, kann das auch mit Audioguide tun, die Links führen zu Erklär-Audios, die Markus Paul bei Youtube zur Verfügung stellt. Eine weitere Möglichkeit, den Pfad zu erkunden, ist außerdem Geo-Caching: Der Cache am Astronomie-Pfad wurde wegen seiner Attraktivität schon in einer Fachzeitschrift vorgestellt.
Highlight für Astronomie-Interessierte dürften die Führungen von Markus Paul entlang des Pfades sein. Wer sich dafür interessiert findet die Termine, geeignet für Familien mit Kindern ab sechs Jahren, auf seiner Homepage. Die Teilnahme kostet 5 Euro pro Person.
Für ein noch intensiveres Erlebnis des Sternenhimmels können Interessierte eine Führung mit Taschenlampe plus etwa anderthalbstündiger teleskopischer Himmelsbetrachtung vereinbaren. Bei idealem Wetter - also einer sternklaren Nacht - kann dabei im Sommerhalbjahr die Milchstraße betrachtet werden und im Winterhalbjahr das Sternbild Orion mit Stern M 42. Sterngucker können den Saturn mit seinem Ring, die Wolkenbänder des Jupiter und die Krater auf dem Mond betrachten. Weil dies nur bei guter Sicht möglich ist, werden drei Terminvorschläge für diese Führung vereinbart.
Das Wissen weitergeben
Markus Paul hat den Astro-Pfad ehrenamtlich eingerichtet. Sein großes Interesse an der Astronomie, das seit 19 Jahren fast täglich seine Freizeit ausfüllt, hat ihm darüber hinaus eine nebenberufliche Tätigkeit eingebracht: als Lehrer für zwei Hector-Kinderakademie-Standorte, die gut- und hochbegabten zusätzlich zur Kinder Grundschule in MINT-Fächern unterrichten. Jeweils in Projektform bringt er den Schülerinnen und Schüler sowohl die Weiten des Weltalls als auch Formen wissenschaftlichen Arbeitens näher. Die Akademien liegen in Baden Württemberg, seiner früheren Heimat.
Innovationspreis 2023
Dieser intensive Einsatz für seine Projekte an der Hector-Akademie ist kürzlich in Stuttgart mit dem Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet worden. Auch die Weitergabe seines Wissens trägt große Früchte: Schon vor einigen Jahren konnte einer seiner Schüler in Aachen mit Matthias Maurer auf der ISS funken. Und erst im Juni durfte die zehnjährige Henriette aus Hinterzarten, Schülerin seines Projektes, im Rahmen des ESA-Programms Moon-Camp beim Online-Meeting mit dem dänischen Astronauten Mogensen für das Team Deutschland eine Frage stellen.
Im Rahmen des Moon-Camps rückte dann auch ein Projekt in den Fokus: „Pflanzen im All“ lautet der Titel - ausgearbeitet von Markus Paul und ausgewählt aus über 250 Ideen. Die Frage dahinter lautete: Welche Pflanzen können im All überleben? Während die Schülerinnen und Schüler zu Hause mit den Eltern an Kresse experimentierten, und sie mal tiefkühlten oder im Backofen erhitzten, führte Markus Paul die gleichen Experimente mit (teils giftigen) Algen durch.
Die Erkenntnis war: Algen können im All überleben. Sogar einen Wetterballonflug in die Stratosphäre überstanden sie. Wie sie auf dem Mars existieren können wurde anschließend getestet. Ein selbstprogrammierter Schulroboter, mit einer Rüttelplatte für Zahnärzte ausgestattet kann auf dem Mars für die Bewegung sorgen, die zur Algen-Fortpflanzung benötigt wird. Und der Roboter kann die Algen per Greifarm zu den Orten transportieren, wo das beste Licht für ihr Wachstum herrscht.
Aus den Projektergebnissen hat Markus Paul ein Buch in Mini-Auflage gemacht, die alle Projektteilnehmende als Andenken erhalten.
Mehr zum Thema unter: astronomischer-lehrpfad-bausenhagen.jimdosite.com/