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Südkamener Heimatpflege mit Spaßfaktor und Zukunft

Die meisten Heimatfreunde Südkamen e.V. sind „alte Hasen“ in einem jungen Verein. Wir werfen einen Blick auf das, was sie in ihrer kurzen Vereinsgeschichte bereits geschaffen und auf den Weg gebracht haben.

Probebacken mit dem Brotbackofen. Die Heimatfreunde haben ihn in der Kleingartenanlage Schöner Fleck aufgebaut. Inklusive Carport als Wetterschutz. FOTOS: VEREIN

Dem ersten Vorsitzenden der Heimatfreunde, Peter Resler, zuzuhören, wenn er über die Aktivitäten seines Vereins in Südkamen berichtet, verblüfft: Die Begeisterung, die er und seine Vereinskollegen für alles rund um das weite Thema Heimatpflege schafft es ungebrochen durch die Telefonleitung hindurch. entfalten,

Aktiv in vielen Bereichen

Eines der aktuellen Vereinsprojekte sind Streuobstwiesen in Südkamen. Eine ist bereits „in trockenen Tüchern.“ Diese Streuobstwiese liegt neben dem Katholischen Christopherus-Kindergarten und ist im Besitz der Pfarrgemeinde. Der Kindergarten konnte als Kooperationspartner gewonnen werden und die Kirchengemeinde erlaubte die Nutzung der Wiese. Drei Obstbäume waren schon vorhanden. Beim Ruhrsiedlungsverband haben sich die Heimatfreunde erfolgreich um Unterstützung für ihr Projekt beworben. Sie erhielten weitere drei Apfelbäume und einen Pflaumenbaum.

Gemeinsam mit dem Kindergarten wurde ein Samstag im November zum „Vätertag“ ausgerufen und einige Väter mit Kindern in Gummistiefeln und mit Schüppen ausgestattet pflanzten die jungen Obstbäume ein. Der Kindergarten hatte außerdem Bausätze für zwei Wespenhotels besorgt, die auch direkt aufgebaut wurden. Nun können die Kinder die Bäume neben ihrem Kindergarten im Jahresverlauf beobachten.

Alte Wiese wird reaktiviert

Eine alte Streuobstwiese am Buschweg sollte eigentlich ebenfalls reaktiviert werden. Eine Begehung mit Fachleuten hat aber ergeben, dass aus dieser Fläche mittlerweile bereits ein ökologisch wertvoller „Dschungel“ geworden ist. Weil sie außerdem weit vom Ortskern entfernt liegt, wird die Fläche so belassen, wie sie sich entwickelt hat.

Aber eine andere verwilderte Streuobstwiese Am Horsthof, die sich in Privatbesitz befindet, wollen die Heimatfreunde gerne wieder auffrischen und dort einen Verweilplatz mit Bank einrichten. Das Okay der Besitzer liegt vor, allerdings sind rund 2000 Euro nötig, um das Gelände in der Nähe des Bürgerwaldes wieder urbar zu machen. Auch die anschließende Pflege durch Landschaftsgärtner würde zweimal jährlich rund 700 Euro kosten. Derzeit sind die Heimatfreunde auf der Suche nach finanzieller Unterstützung.

Kooperationspartner gesucht

Peter Resler hofft, dass sich für diese angedachte Streuobstwiese ebenfalls ein Kooperationspartner in Südkamen findet. Er denkt beispielsweise an eine Paten-Klasse einer weiterführenden Schule. Die Schülerinnen und Schüler hätten vor Ort die Möglichkeit, einiges über die Biologie von Streuobstwiesen zu erfahren. Ein Besuch dort, beispielsweise zur Obsternte wäre für die Jugendlichen eine Art Wandertag. Das ist einer der Beweggründe für das Engagement der Heimatfreunde für die Streuobstwiesen: Sie möchten Kindern und Jugendlichen solche Erfahrungen ermöglichen.

Das Projekt „Brotbackofen“, das in der Kleingartenanlage „Schöner Fleck“ 2023 erfolgreich umgesetzt wurde und mit mehrfachem Probebacken gestartet ist, entstand aus der Überlegung, wie man Kindern heute den Vorgang des Brotbackens anschaulich erklären könnte.

Der Brotbackofen wurde auch schon mehrfach angeheizt, mit jeweils höheren Temperaturen, um ihn langsam in Betrieb zu nehmen. Zuletzt wurden neben dem Pizzateig und Pizzabrötchen einer nahe gelegenen Pizzeria auch selbstangesetzte Brotteige von 250 oder 500 Gramm gebacken. Auch Peter Resler hat selbst ein Dinkelbrot aus Sauerteig hergestellt und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Experimentierfeld: Brot backen

Gemeinsam mit dem Kleingartenverein sind für 2024 drei Backtage geplant. Sie finden jeweils von 10 bis 12 Uhr parallel zu den Festen im Kleingarten statt: Am 11. Mai wird dort ein Frühlingsfest gefeiert, am 17. August ein Sommerfest, zu einem weiteren Termin ist ein Herbstfest angedacht und am 15. Dezember veranstalten die Heimatfreunde ab 16 Uhr zusätzlich ein Wintergrillen am Ofen. Nach zwei Stunden Vorheizzeit zwei Stunden wird die Asche aus dem Ofen herausgekehrt und die Backtemperatur beträgt erstaunliche 500 Grad.

Mit einem pensionierten Bäcker konnte die erforderliche Backzeit ermittelt werden. Sie liegt bei etwa 30 bis 40 Minuten.

„Am Anfang wusste ich gar nicht, wie das gehen sollte“, beschreibt Peter Resler seine Bedenken zum Projektbeginn. „Und dann waren da diese Jungs, die alles gemessen, geplant, gekauft und gebaut haben.

Der Bürgerhaushalt hilft

Ein Segen war, dass 1775 Euro aus dem Südkamener Bürgerhaushalt für den Backofen bereitgestellt wurden. Aber: „Das Projekt wurde immer teurer. Die Sparkasse und Spender halfen aus. Letztendlich hat das Projekt inklusive Carport als Schutzdach mehr als 4000 Euro gekostet. Peter Resler konnte aus gesundheitlichen Gründen den Bau nur per Whatsapp-Fotos verfolgen, aber das hat ihm ebenfalls viel Spaß gemacht.

Und dieser Spaß steckt an: Die Heimatfreunde sind sehr schnell von ihrer Gründungsgröße von sieben Mitgliedern auf aktuell 38 Mitglieder plus Interessenten angezwei wachsen. Neben dem Vorsitzenden Peter Resler sind Jügen Senne und Gerd Heinrich Ehresmann der harte Kern.

Die Vereinsgründung hat die Stadt Kamen angeregt. Lange mussten dort Spendenquittungen für die Aktivitäten in Südkamen eingeholt werden. Jetzt ist der Verein eigenständig. Die Bürokratie im deutschen Vereinswesen nehmen die Gründer in Kauf. „Wir haben sogar einen kompletten Vorstand zusammenbekommen, den wir für drei Jahre gewählt haben,“ so Resler. Allerdings wird er bei Ende seiner Zeit als Vorsitzender 77 Jahre alt sein. Und die Vorstandskollegen sind auch keine Junioren mehr, die drei jüngsten allerdings unter 60. Also hofft der Vorstand darauf, dass sich unter den begeisterten Neueinsteigern auch Nachfolger für ihre Arbeit finden.

Ein mobiles Heimatmuseum

Sie präsentierten 2020 ihr„Mobiles Heimatmuseum“ mit Roll-Ups: Peter Resler, Sabine Heckmann und Heinrich Ehresmann (von links). FOTO: STEFAN MILK
Sie präsentierten 2020 ihr„Mobiles Heimatmuseum“ mit Roll-Ups: Peter Resler, Sabine Heckmann und Heinrich Ehresmann (von links). FOTO: STEFAN MILK

Das „virtuelle Heimathaus“, das nur im Internet bestand wurde in ein „mobiles“ aus mehreren Roll-Ups verwandelt, das die Bau- und Siedlungsgeschichte von Südkamen zeigt.

Urkundlich erwähnt wurde Südkamen erstmals in einer Steueraufstellung des Grafen Isenburg von 1220: Südkamener mussten damals Hühner und Eier abgeben. Aus solchen Infos wurde ein Quiz zur Heimatgeschichte. Und weil die Südkamener alles nachlesen wollten, wurden dank einer Förderung 200 Broschüren zur Ortsgeschichte gedruckt, die an Multiplikatoren abgegeben werden.

Beim 60-jährigen Bestehen der AWO 2023 in Südkamen waren die Heimatfreunde auch wieder mit einem Quiz vertreten. „Das macht einfach Spaß, sich mit den Fragen zur Südkamener Geschichte zu beschäftigen,“ so Peter Resler. Aber die Fragen waren offenbar „nicht ohne“: Von etwa 100 Festbesuchern haben 51 den Fragebogen ausgefüllt —aber nur zehn von ihnen lagen mit allen Antworten richtig. 

Also arbeiten die Heimatfreunde weiter daran, den Einwohnern neben Spaß und Bewegung als Zugabe Kenntnisse in Sachen Historie zu vermitteln. Entlang eines zehn Kilometer langen Radweges stehen bereits einige Steelen zur Gründungsgeschichte des Ortes.

Die Ortsfläche ist geblieben

Dieser bestand ursprünglich aus neun großen Höfen. Im Jahr 1774 hat die damalige Stadt Kamen mit ihrem königlichen Gericht (Friedrich der Große war verantwortlicher Regent) die Höfe Südkamens verklagt: Kamen wollte die komplette Chaussee nach Unna in seinen Besitz bringen. Die Südkamener Höfe mussten ein Drittel ihrer Fläche an die Stadt abtreten. Kamen nannte diesen Stadtteil Südkamen. 1968, im Rahmen der kommunalen Eingliederung von Südkamen wurde kurioserweise das Ursprungsdorf wieder mit dem Stadtteil Südkamen zur alten Fläche vereint.

Noch recht neu sind die Steelen zum Thema Wirtschaftsgeschichte Südkamens. Eine Steele erinnert an die Firma Klein, die rund 100 Jahre bestand, bis sie 1978 geschlossen wurde. Der Firmengründer hatte es geschafft, mit seinem Patent zu einer Schmiervorrichtung für Eisenbahnwaggons zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Bergbau zu werden. Allerdings zeugt der Spruch aus dem Volksmund „Ich arbeite bei Klein & Söhne, große Tüten, kleine Löhne,“nicht gerade von zufriedenen Angestellten.

Die zweite Wirtschaftssteele ist der Schuhfabrik Henter gewidmet. Diese existierte bis 1948. Zwischenzeitlich hatten Nachfahren des Firmengründers auch eine Druckerei betrieben, die jedoch durch die englischen Besatzer geschlossen wurde. Eine Tankstelle war ebenfalls ab 1930 in Familienbesitz: die erste Tankstelle Südkamens mit Zapfsäule.

Begeisterte Geocacher

Ein Projekt, das ebenfalls sehr gut von den Südkamenern und Gästen angenommen wird, ist das Geocaching. Heike Foerthmann ist in diesem Hobby zu Hause und hat auf Anregung des Vereins ein Geocache-Konto angelegt. Fünf verschiedene Punkte Südkamens werden per Handyortung aufgesucht. Eine beliebte Freizeitbeschäftigung, wie Peter Resler den eingehenden Mails der Nutzenden entnehmen kann. Es werden immer wieder neue Themen an die Heimatfreunde herangetragen oder auch von ihnen selbst entdeckt.

Mahnmale aus Beton

In Südkamen wurden beispielsweise im Jahr 1942 mehrere Spitzbunker aufgestellt. „Sie wurden am Kran geliefert, sahen aus wie Zuckerhüte aus Beton.- eine Betonfirma hat gut daran verdient,“ erzählt Resler. „Sie dienten jeweils vier Menschen als Schutzraum gegen Bomben und wurden entlang von Bahnstrecken für Bahnpersonal aber auch in Gärten von reichen Leuten aufgestellt.“

Eine persönliche Erinnerung daran teilte eine Südkamenerin mit dem Verein. Sie wurde als Kind bei einem Bombenangriff verschüttet, weil sie wegen einer grassierenden Kinderkrankheit mit ihrer Oma in den Keller ging, anstatt in einen Luftschutzbunker. Als der Opa seine Ehefrau nicht erreichte, machte der sich mit einem Lastwagen und Helfern aus Dortmund auf den Weg nach Südkamen. So konnten Ehefrau und Enkelkind noch rechtzeitig aus den Trümmern des Kellers gerettet werden. Nach diesem Erlebnis hat sich auch ihr Großvater solch einen Spitzbunker auf sein Grundstück liefern lassen. Da er oberirdisch Schutz bot, konnte darin niemand verschüttet werden.

Solche Schilderungen lassen die Geschichte lebendig werden. Und die Heimatfreunde machen daraus spannende Erlebnisse.

Südkamener Friedhof

Ab 2024 wollen die Heimatfreunde das Thema „Südkamener Friedhof“ näher beleuchten. Von Bestattungsriten, die sich im Lauf der Zeit geändert haben bis hin zu Fauna und Flora auf dem alten und dem neuen Teil soll die Erkundung gehen.

Es gibt bereits Ansatzpunkte, mit denen sich die Heimatfreunde beschäftigen. Gespräche mit einem Steinmetz und mit einem Pfarrer sind beispielsweise geplant. Die Gebäude werden begutachtet. Möglicherweise wird die alte Trauerhalle ein Fall für den Denkmalschutz? Das gehört allerdings in die Zuständigkeit des Baukatasters der Stadt.

Geschichten von Zeitzeugen

Anlässlich eines Volkstrauertages haben die Heimatfreunde bereits Geschichten rund um das Kriegerdenkmal für Gefallenen der Weltkriege gesammelt.

Mit ihrem Motto: „Gestern, heute, morgen“ haben sie sich ein weites Betätigungsfeld geschaffen. Mit den Projekten, die sie angehen, sorgen für neue Impulse und bereichern das Leben in Südkamen. Davon profitieren alle Südkamener, ob jung oder alt, ob vor Ort lebend oder als interessierte Heimatfreunde aus der Ferne.

www.heimatpflegesuedkamen.de