Kurz nach seiner Pensionierung hat Ulrich Reitinger sich zunächst mit der eigenen Familiengeschichte beschäftigt, und anhand der Dokumente seiner Eltern deren Lebensstationen während der NS-Zeit rekonstruiert. Wie er sagt, lag über dem Umgang mit der NS-Zeit in seiner Familie ein großes Schweigen und das sei typisch gewesen für die Nachkriegszeit: Es wurde weder in den Familien noch in den Schulen über die Nazizeit geredet.
Selbst wenn die Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte, keine Hinweise auf eine besondere Täterrolle seiner Eltern ergeben habe, ist für Reitinger doch eines klar: „Am 8. Mai 1945, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation, wurde aus einem Volk von Tätern ein Volk von Widerstandskämpfern.“ Niemand stellte sich zu dem Zeitpunkt die Frage, wie das eigene Handeln während der NS-Zeit zu bewerten gewesen sei und zu welchen Konsequenzen es geführt habe.
Im Gegenteil: Die meisten Menschen fühlten sich aufgrund ihrer eigenen Kriegserfahrungen wie Bombardierung, Hunger, Chaos und Verlust selbst als Opfer. Dass ihre Unterstützung für Hitler und ihr „Mitläufertum“ diese Erfahrungen ausgelöst hat, und dass es darüber hinaus zu millionenfachem Leid führte, wurde ausgeblendet. „Man musste ja weiterleben, auch als alles falsch war, was vorher richtig gewesen war. Eine mit der Auseinandersetzung eigenen Haltung während der NS-Zeit hätte ja Schuld und Scham zur Folge gehabt.“
Weil ein ehrlicher Austausch über die NS-Zeit unterblieb, wurden auch Rollenbilder und Sichtweisen aus der NS-Propaganda oft unbewusst an die eigenen Kinder und Enkel weitergegeben.
Beispielsweise wurde in der NS-Zeit ein „starkes“ Männerbild geprägt, das sich lange noch in Sprüchen wie „Echte Männer weinen nicht“ wiederfand. Prügelstrafen und Schläge blieben lange Zeit erlaubt. Männer durften laut NS-Ideologie weder körperliche Schwäche zeigen noch Emotionen. Also auch keine Schuldgefühle oder Mitleid.
Die Opfer stehen im Mittelpunkt
Es gehe ihm aber bei seiner ehrenamtlichen Arbeit nicht um die Täter, betont Ulrich Reitinger, sondern um die Opfer. Innerhalb der VHS-Gruppe von etwa zehn Teilnehmenden ist er derjenige, der sich zur Recherche in die verschiedenen Archive begibt, um Informationen zu Opfern aus Holzwickede ausfindig zu machen. 2025 ist die nächste Stolperstein-Verlegung mit dem Künstler Gunter Demnig geplant.
Beruflich war Reitinger Verwaltungsfachwirt und hat als Leiter der Patientenverwaltung in der Psychiatrischen Klinik (beim Dortmund Landschaftsverband Westfalen Lippe/LWL) gearbeitet. Als er 2016 zur Holzwickeder Spurensuche-Gruppe kam, lag es daher für ihn nahe, sich zuerst mit den Schicksalen von sogenannten Euthanasie-Opfer zu beschäftigen. Während der NS-Zeit wurden Menschen mit psychischen Erkrankungen oder „geistigen Behinderungen“ als „unwertes Leben“ bezeichnet und in Vernichtungslagern gequält und getötet.
Einige Jahre lang hat Ulrich Reitinger zu ihrem Schicksal recherchiert, vor allem im LWL-Amt in Münster. Mehr als zehn Menschen sind in Holzwickede Vernichtungsplanes Opfer dieses geworden. Sie wurden zunächst in kleinere Lager in Hessen gebracht und dann in das Tötungslager Hadamar. Dort wurden die meisten von ihnen noch am Tag ihrer Ankunft vergast.
Während der Recherche zu den Opfer-Schicksalen versucht Ulrich Reitinger, solche Informationen nicht zu nah an sich heranzulassen. Er selbst habe vorher nicht alles gewusst. Wenn der Name eines Opfers aus Holzwickede feststeht, tragen die VHS-Gruppenmitglieder, ihre Erinnerungen an Familienangehörige oder Freunde des oder der Betreffenden zusammen.
Nach Möglichkeit wird dann der Kontakt zu Hinterbliebenen der Opfer aufgenommen. Die meisten seien ihnen gegenüber sehr offen gewesen und auch mit einer Veröffentlichung der recherchierten Biografien einverstanden, so Reitinger. Manche über 90-jährige Angehörige konnten eigene Erinnerungen beitragen.
Manchmal seien die Hinterbliebenen aber auch ahnungslos hinsichtlich des Schicksals ihrer Verwandten gewesen. 1939/40 fing das ja an, da sind jetzt schon mehrere Generationen dazwischen.“
Ulrich Reitinger hat mittlerweile zwei Bücher über die Schicksale von Holzwickeder NS-Opfern veröffentlicht. Es gibt neben den lokalen Archiven in den Gemeinden auch Archive auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. Auch Kirchen und Institutionen haben Archive, ebenso wie viele Traditionsfirmen. Allerdings bestünden da manchmal die Daten zur NS-Zeit nur aus wenigen kurzen Zeilen.
Für seine Stolperstein-Recherchen hat Ulrich Reitinger auch in den sogenannten „Wiedergutmachungsakten“ des Bundes geforscht. Daten zu den Anträgen mehrerer Holzwickeder hat er darin gefunden. Opfer der NS-Zeit konnten im Rahmen des „Bundesentschädigungsgesetzes“ bei dieser Stelle finanziellen Ausgleich für das, was ihnen widerfahren war, beantragen. Sie schildern in den archivierten Anträgen im Detail, was ihnen in der NS-Zeit angetan worden ist.
Frühes KZ in Bergkamen
1930 war ganz in der Nähe, in Bergkamen Schönhausen, ein Übergangskonzentrationslager eingerichtet worden. Zu allererst wurden innerhalb weniger Monate dort Anhänger der Sozialdemokraten und der Kommunisten sowie deren Parteimitglieder und Parteifunktionäre unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Sie sollten „auf Linie“ gebracht werden. Erfolgreich wurde die politische Opposition so handlungsunfähig gemacht.
Neben den politisch Verfolgten und den geistig beeinträchtigten oder psychisch erkrankten Opfern gibt es bekanntermaßen viele weitere Gruppen, die systematisch verfolgt wurden. Die Zahl der jüdischen Opfer in Holzwickede war indes vergleichsweise niedrig. Das lag daran, dass es dort keine eigene jüdische Gemeinde gab.
Zwangsarbeiter waren in Holzwickede die größte Opfergruppe
Die größte Opfergruppe, vermutlich über 1200, bestand in Zwangsarbeitern, die nach ihrer Gefangennahme nach Deutschland verschleppt wurden - teilweise ganze Familien und die sowohl bei Holzwickeder Firmen als auch in der Landwirtschaft arbeiten mussten. Meistens wurden sie menschenunwürdig untergebracht und schlecht versorgt. Auf ihren Gesundheitszustand wurde keine Rücksicht genommen. Die zwei größten Firmen in Holzwickede, die ausländische Kräfte unter Zwang beschäftigten waren damals die Zeche Caroline und die Reichsbahn mit dem damals sehr bedeutenden Holzwickeder Bahnhof.
Einige der Zwangsarbeiter starben und wurden auf den alten Holzwickeder Friedhöfen bestattet. Ende der 1990er-Jahre wurde von der Regierung Schröder ein Fonds zur Entschädigung von Betroffenen eingerichtet. Ulrich Reitinger erinnert sich, dass zu der Zeit ehemalige Zwangsarbeiter in Holzwickede zu Besuch gewesen sind. In vielen Orten ist die Geschichte der Zwangsarbeiter allerdings noch nicht systematisch aufgearbeitet worden.
Vernichtung durch Arbeit
Einer weiteren Opfergruppe hat sich Ulrich Reitinger bei seiner Recherche gewidmet: den sogenannten „Gewohnheitsverbrechern“ oder „Berufsverbrechern“.
Zu Zeiten des Deutschen Reiches zwischen den Kriegen versuchten nicht wenige Menschen, sich mit Diebstahl, Heiratsschwindel, Unterschlagung oder Bagatelldelikten durch das Leben zu schlagen. Dabei zogen sie oft ziellos von Ort zu Ort. Die Behörden waren weit davon entfernt, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren: Sie wurden inhaftiert und mit einer Sicherheitsverwahrung belegt.
Wenn sie die Haftstrafe verbüßt hatten, wurden sie der Polizei übergeben, die sie wiederum in einem KZ absetzte. Zwei Holzwickeder wurden auf diese Art in das KZ Mauthausen in Oberösterreich gebracht.
Die Haftbedingungen waren unmenschlich. Es gab kaum Essen, aber alle wurden zu schwerster Arbeit in den nahe gelegenen Steinbrüchen gezwungen. Wer sich widersetzte oder schwächelte, wurde ohne Weiteres erschossen. Menschliches Leben war nichts wert, das Ziel war: „Vernichtung durch Arbeit.“
VHS-Gruppe arbeitet mit Unterstützung weiter
Ulrich Reitinger will seine Arbeit weiter fortsetzen. Mittlerweile wird die VHS-Gruppe Spurensuche durch zwei Mitarbeiterinnen der Gemeinde administrativ unterstützt. Die Gemeinde sei dankbar, dass sich das VHS-Team um die Aufarbeitung der lokalen NS-Geschichte kümmere, denn sie hätte dafür nicht die personellen Ressourcen.
Der WDR organisiert regelmäßig Videokonferenzen für die Gruppen, die sich in NRW mit den Stolperstein-Aktionen beschäftigen. Dabei hat Ulrich Reitinger beobachtet, dass viele Schulen, kirchliche Organisationen oder auch Archive sich mit dem Thema beschäftigen.
Ihn persönlich treibt die Überzeugung an, dass die Erfahrungen, die wir in Deutschland mit dem Holocaust gemacht haben, uns bisher davor bewahrt haben, dass wieder Ähnliches geschieht. Er ist sich sicher, dass es unbedingt nötig ist, die Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit wach zu halten.
Es sei vor allem für junge zu Menschen wichtig, den Bezug vom allgemeinen Begriff „Holocaust“ bis in den kleinen ländlichen Bereich um Holzwickede herum schaffen. Denn der persönliche Bezug sei es, der eine gewisse Betroffenheit schaffe und der Menschen berühre. Eine Schülerin reagierte bei einer Stolperstein-Aktion überrascht: „Wie, das ist hier passiert? Ich dachte, das war nur in Berlin!“ Vielen ist nicht bewusst, was während der NS-Zeit in ihrer eigenen Nachbarschaft abgelaufen ist. Sogar ein ehemaliger Lehrer, der die NS-Zeit selbst miterlebt hatte, war im hohen Alter von Reitingers Nachrichten zu den Schicksalen seiner ehemaligen Schüler überrascht: „Meine Güte, das sind ja alles Jungs gewesen, die bei mir in der Klasse waren!“
Stolpersteinverlegung 2025: Biografie I
Haft wegen „Polenfreundlichkeit“: Andreas Orlowski
Andreas Orlowski ist nach jetzigem Recherchestand der letzte Einwohner aus den drei Ortsteilen Holzwickedes, dem seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus Denunziation, Verhaftung und Freiheitsentzug einbrachte.
Orlowski wird 1878 in Ostpreußen geboren. Bei Kriegsausbruch 1939 lebt er in Lohberg, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Preußisch Holland, die als Hochburg der Kommunisten gilt. Um sich der Verhaftung zu entziehen, flieht Orlowski vorübergehend zu seinem Sohn, wo ihn die Polizei aufstöbert, verhört und wieder freilässt. Drei Monate später erhält er eine Vorladung von der politischen Polizei. Orlowski ahnt, was ihn dort erwartet und setzt sich nach Lünen ab. Hier lebt seine Mutter, und hier hat er in der Vergangenheit schon einmal zehn Jahr gewohnt und gearbeitet.
In Lünen ist Andreas Orlowski bekannt, insbesondere, weil er bereits früher Probleme mit der Staatsmacht bekommen hatte. Wegen einer kritischen politischen Äußerung musste er einmal zur berüchtigten Steinwache Dortmund kommen, wo er brutal geschlagen und wieder entlassen wurde. Orlowski fürchtet, denunziert zu werden, und verlässt Lünen. Er zieht ins anonymere Dortmund, lernt dort seine spätere Frau kennen und heiratet. Auf ein Inserat bekommt er bei Bauer König in Hengsen Arbeit und Wohnung.
König ist NS-Bürgermeister von Hengsen und hat auf seinem Gut im Laufe der NS-Zeit mindestens 44 Zwangsarbeiter im Einsatz, davon überwiegend Polen. Als die ersten polnischen Zwangsarbeiter nach Hengsen kommen, wird Orlowski, der die polnische Sprache beherrscht, als Dolmetscher eingesetzt. Absichtlich sollen Polen zu ihm ins Haus geschickt worden sein, um ihn als „polenfreundlich Gesinnter“ zu überführen. Ihm droht die KZ-Haft, da der private Umgang mit Zwangsarbeiter streng verboten ist. 1941 wird Orlowski vorgeworfen, er soll in der Wirtschaft Gödecke gesagt haben, die Deutschen seien Spitzbuben und hätten Polen gestohlen.
Orlowski bestreitet dies vehement, erhält dennoch eine Anzeige wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz und wird am 10. April 1941 verhaftet. In der Gerichtsverhandlung wiederholt ein aktiver Nationalsozialist, der ihn angezeigt hatte, unter Eid den Vorwurf, während die vorgeladenen Polen den Ausspruch nicht bestätigen.
Das Sondergericht Dortmund verurteilt den 63-jährigen Orlowski am 25. August 1941 wegen Heimtücke zu einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten, die er im Gerichtsgefängnis Unna verbüßt. Sein Alltag dürfte hier von schwerster Arbeit geprägt gewesen sein.
Nach Haftentlassung bekommt Orlowski keine Chance mehr, einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachzugehen. Sobald man von seinen Vorstrafen erfährt, wird er fristlos entlassen. Bis Kriegsende schlägt er sich und seine Familie mit seiner Knappschaftsrente und Gelegenheitsarbeiten in der Landwirtschaft durch. Bei Kriegsende lebt Andreas Orlowski alleinstehend in Holzwickede.
Orlowskis Anträge zur Wiedergutmachung enden Mitte der 1950er-Jahre mit Entschädigungszahlungen, doch dürfte er kaum davon profitiert haben. Er stirbt 1956 im Alter von 78 Jahren in einem Altersheim in Oeventrop.
Für die VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“: Ulrich Reitinger
Stolpersteinverlegung 2025: Biografie II
Ermordet im KZ Buchenwald: „Staatsfeind“ Robert Bernstein
Fortsetzung
Aktuell fände man laut Reitinger Parallelen in der politischen Situation zur Zeit zwischen den Weltkriegen. Es sei auch heute eine Verrohung der Sprache zu beobachten. Und die Unfähigkeit, Kompromisse einzugehen.
Die Schwierigkeit in den politischen Debatten zwischen den Kriegen rührte daher, dass niemand bereit war, anderen zuzuhören und andere Positionen wahrzunehmen. Viele Menschen hätten sich seinerzeit von der Politik abgekehrt und nur noch mit Ablehnung auf Politiker reagiert.
Vielleicht, so meint Reitinger, sei es das, was uns heute noch helfe, dass unsere Eltern den Holocaust mitbekommen haben und dass Lehren daraus gezogen wurden. „Wir haben eine andere Empfindlichkeit“ erläutert er.
Unsere Sensibilisierung für gefährliche politische Entwicklungen bedeuten womöglich eine Art Schutz für unsere Demokratie. Damit sie weiterhin wirke, müsse diese Erfahrung lebendig gehalten werden.
Robert Bernstein, geboren am 8. Februar 1904 in Holzwickede, wird von den Nazis als „Staatsfeind“ und „Spion“ angesehen und umgebracht. Er wird nur 37 Jahre alt.
Wo genau in Holzwickede das Elternhaus von Robert Bernstein stand, ist nicht überliefert. Bereits 1909 stirbt sein Vater, und kurz darauf zieht die Mutter mit den Kindern fort. Im Alter von 16 Jahren trennt sich Bernstein von seiner Mutter. 1922 zieht er zurück nach Holzwickede, im gleichen Jahr wird er zum ersten Mal straffällig und landet wegen eines Diebstahldelikts im Gefängnis. Nach seinem erneuten Wegzug aus Holzwickede zieht er in der Republik ziellos umher, wird mehrfach erneut straffällig.
1925 wird Bernstein in Bayern verhaftet und verurteilt wegen des „Versuchs zum Verbrechen der Ausspähung militärischer Geheimnisse“. Er wird beschuldigt, für den französischen Nachrichtendienst gearbeitet zu haben. Er kommt für anderthalb Jahre ins Zuchthaus Ebrach nach Oberfranken. Offen gibt er seine Abneigung gegen alles Deutsche zu. Nach Haftentlassung hält er sich im Saarland auf und siedelt 1939 nach der deutschen Besetzung zusammen mit seiner antifaschistisch eingestellten Lebensgefährtin nach Westfrankreich aus.
Die genauen Umstände, warum Robert Bernstein 1940 wieder in Deutschland landet, sind unbekannt. Er lebt nun in Saarbrücken und arbeitet dort als Mechaniker. Fest steht, dass er am 14. Dezember 1940 von der Gestaро Saarbrücken „wegen staatsfeindlichen Verhaltens“ bzw. „Verdachts des Landesverrats“ verhaftet und ins Gefängnis Saarbrücken eingeliefert wird. Von dort bringt man ihn fünf Wochen später ins Gefängnis Zweibrücken.
Ob der Inhaftierung eine weitere „Straftat“ Bernsteins die zugrunde liegt, er als Widerständler enttarnt worden war oder seine bisherigen Vorstrafen schon allein Anlass genug sind, ihn nach seiner Rückkehr nach Deutschland festzunehmen, bleibt spekulativ. Tatsächlich braucht Staatspolizei nach der damaligen gesetzlichen Regelung für diese Maßnahme keine Begründung und schon gar keinen richterlichen Beschluss. Die Gestapo stellt am 24. Februar 1941 einen Schutzhaftbefehl aus, der Bernstein wenige Tage später im Knast zugestellt wird.
Damit ist sein Schicksal besiegelt: Mit einem Gefangenensammeltransport wird Bernstein am Morgen des 18. März 1941 in das KZ Buchenwald bei Weimar „überführt“. Dort bekommt der gebürtige Holzwickeder die Häftlingsnummer 2445, die Häftlingsart „Politischer Häftling“ und das Kennzeichen „Strafk (K)“ verpasst, was seine Zuweisung zur Strafkompanie mit schwersten Arbeiten im Steinbruch bedeutet. Die Arbeit gilt als die härteste.
Obwohl das KZ Buchenwald kein Vernichtungslager mit industrieller Tötung wie die großen Konzentrationslager in Polen war, wurden über 56.000 Gefangene von der SS gezielt ermordet oder fanden den Tod durch Erschöpfung, Hunger, Folter und medizinischen Experimenten. In Buchenwald und seinen 130 Außenlagern hielt die SS mehr als eine Viertelmillion Menschen gefangen.
Robert Bernstein überlebt die Hölle von Buchenwald nicht. Laut Sterbeurkunde soll er am 29. Oktober 1941 um 9.40 Uhr an einer „Lungenentzündung“ gestorben sein - eine Scheintodesursache, die die tatsächlichen Umstände seines Todes verschleiert.
Für die VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“: Ulrich Reitinger