Wer das Gebäude, Baujahr 1920, an der Kolonialstraße 1a im Herzen der Beisenkamp-Kolonie in Datteln betritt, befindet sich sofort in einer anderen Welt. Es ist die Zeit der 1950er-Jahre, die Zeit des Wirtschaftswunders und zugleich das Zuhause von Kevin Nikodem.
Der Elektroniker für Betriebstechnik hat das Zechenhaus komplett im Stil der 50er restauriert. Alle Exponate stammen aus diesem Jahrzehnt, sind noch funktionstüchtig und in Gebrauch. Das heißt: Der Kaffee, den Kevin Nikodem trinkt, wird in einer Maschine aus den 50er Jahren zubereitet, der Plattenspieler stammt ebenso aus dieser Zeit wie die Waschmaschine. Das Geschirr, die Töpfe und die Bettwäsche natürlich auch. Selbst das Jackett aus Schurwolle, das Kevin Nikodem trägt, stammt aus den 50er-Jahren.
Matilda ist der heimliche Star des Hauses
Nur Mops-Dame Matilda ist noch nicht so alt: Sie ist „erst“ elf und der heimliche Star des Museums. Gerne lässt sich der Vierbeiner von den Besucherinnen und Besuchern streicheln.
Woher kommt Kevin Nikodems Liebe für das Nachkriegsjahrzehnt? Eine Leidenschaft, die seinen gesamten Alltag bestimmt. „Mit zwölf Jahren habe ich angefangen, auf der Musiktruhe meiner Oma und meines Opas Platten zu hören, mit 15, 16 hatte dann ein komplettes 50er-Jahre-Kinderzimmer“, erzählt der Dattelner. Auch seine erste Wohnung richtete er in diesem Stil ein, dann kam das Zechenhaus.
„Die 50er-Jahre waren ein Jahrzehnt der Lebensfreude, der Krieg war vorbei, es ging bergauf, die Leute fuhren in den Urlaub“, zählt er auf. Eine besondere Liebe hat er zur Musik dieser Zeit. Seine musikalische Favoritin? „Caterina Valente“, sagt Kevin Nikodem und strahlt. Gerne feiert er auch 50er-Jahre-Partys.
Auf den 87 Quadratmetern, die sich über zwei Etagen erstrecken, gibt es unendlich viel zu entdecken. So öffnet Kevin Nikodem eine Tür in der Einbauküche. Dort befinden sich die Tischwäsche und die Stofftaschentücher. „Ich liebe die Tischdecken von damals“, sagt er und seine Augen leuchten. Die Gegenstände kauft er auf Sammlermärkten oder bei Haushaltsauflösungen.
Hier wohnte eine Familie mit zwölf Kindern
Früher befanden sich in diesem Haus zwei Wohnungen, beide Haushalte teilten sich eine Waschnische mit Toilette auf dem Gang. Das rund 45 Quadratmeter große Erdgeschoss wurde einst von einer Familie mit zwölf Kindern bewohnt - Wohnverhältnisse, die man sich heute kaum noch vorstellen kann.
Kevin Nikodem orientierte sich bei der aufwendigen Sanierung an alten Bauplänen. Originalfotos lagen ihm ebenfalls vor. Zur Wohnung im Erdgeschoss gehörte früher ein Schweinestall - die Bergleute waren oft Selbstversorger, bauten Gemüse an und hielten Tiere. Im ehemaligen Stall befindet sich heute die Waschküche mit Waschmaschine, Wäschetrockner, Wäscheschleuder und Spülmaschine. Kevin Nikodem lebt in der Beisenkamp-Kolonie übrigens in bester Gesellschaft. Im Haus nebenan wohnt seine Oma. „Ich bin die fünfte Generation unserer Familie, die in dieser Straße wohnt“, verrät der 31-Jährige. Regelmäßig empfängt er Besuchergruppen im Haus und bietet Führungen an, die zu einer Reise in die Vergangenheit werden.
Ist es aber nicht seltsam, wenn Fremde durch das eigene Zuhause laufen, Fotos machen, sogar das eigene Schlafzimmer besichtigen? „Nein, die Leute sind immer total begeistert. Meine älteste Besucherin war 97 Jahre alt. So etwas vergesse ich auch nicht“, sagt der „Museumsdirektor“ und lächelt glücklich.
Info: Führungen können direkt auf der Homepage gebucht werden, 50er Jahre Museum Datteln, Koloniestraße 1a, 45711 45711 Datteln, Tel. 0151/442689 62, mehr unter www.50erjahremuseumdatteln.de
Von Bianca Munker