Von Mareike Hanke
Kaum zu glauben: Als Paul Nipkow 1884 eine spiralförmige, gelochte Scheibe erfand, die während der Rotation Bilder zerlegt und sie im Empfänger auf umgekehrte Weise wieder zusammenfügt, interessierte das kaum jemanden. Doch es war der erste Herzschlag in der Geschichte des Fernsehers.
Mit Fernsehern kennt sich Rainer Berkenhoff aus. Die 63-jährige Dattelner Lokallegende besitzt immerhin eine umfassende Sammlung alter Fernseh- und Radiogeräte und hat damit ein privates Museum aufgebaut, das nach Terminvereinbarung besichtigt werden kann.
Einfach, aber genial
„Unser ältester Fernseher hier ist von 1936. Aber ich bekomme demnächst einen geliefert, der ist von 1928. Paul Nipkow sagt keinem was. Das ist ein Fernsehsystem, das vor der Bildröhre kam“, erzählt Berkenhoff zwischen den vielen Schätzen, die sein privates Museum so einzigartig machen.
„80 Prozent meiner Geräte hier laufen“, berichtet der leidenschaftliche Sammler. Mit Unterstützung von Freunden macht er kaputte Geräte selbst wieder fit - inklusive der Holzarbeiten.
Obwohl Rainer Berkenhoff eine internationale Sammlung besitzt, gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Fernsehgeräten von früher: „Die Technik ist eigentlich immer gleich. Es gibt eine Bildröhre, die ist unterschiedlich groß. Es gibt Knöpfchen zum Drehen und es gibt schöne Holzgehäuse. Und hin und wieder mal ein Bakelit-Gehäuse.“
Holz, Drehschalter, Bildröhre - heute unvorstellbar. Manche Fernseher in der Sammlung sehen aus wie kleine Kunstwerke. Kein Wunder, denn die Geburtsstunde des Fernsehens schlug in der „Belle Epoque“. 1930 wurde dann der Röhrenfernseher etabliert, der das mechanische Fernsehen endgültig ablöste. Übrigens war es ein Japaner, Kenjiro Takayanagi, der die zuvor als ungeeignet deklarierte „Braunsche Röhre“ in einen Schwarz-Weiß-Fernseher einsetzte.
„Die ersten Bildröhren waren rund“, sagt Berkenhoff und zeigt ein ausgebautes Exemplar. Erst später wurden die Bildröhren eckig und gaben dem Fernseher die ikonische Form, der auch das Sprichwort von den „eckigen Augen“ von zu viel Fernsehen zu verdanken ist. 1953 wurde das Farbfernsehen in den USA eingeführt, in der Bundesrepublik 1967.„Das ist übrigens der Gala-Abend“, erklärt Berkenhoff und deutet auf eine Sendung in einem der alten laufenden Fernsehgeräte. „Nur 0,2 Prozent der Menschen konnten 1967 diese Sendung in Farbe sehen.“
Großereignisse
Ob Schwarz-Weiß- oder Farbfernsehen: „In jedem Haushalt ein Gerät“ war sicher keine Selbstverständlichkeit. Doch in den 50er- und 60er-Jahren nahm der Zugang zum Fernsehen sprunghaft zu. Hatten Anfang der 50er nur etwa vier Prozent einen Fernseher, so waren es 1965 schon 64 Prozent. Heute verfügen 96 Prozent aller Haushalte in Deutschland über mindestens Fernsehgerät.
Das Fernsehen wurde damals für viele Menschen zum Fenster in die Welt. Großereignisse konnten live mitverfolgt werden, ohne vor Ort sein zu müssen. 1936 wurden beispielsweise die Olympischen Spiele in Berlin übertragen. Rund 200.000 Leute sahen über den Fernsehbildschirm zu. Da der Fernseher noch ein Luxusgut war, waren die Zuschauerzahlen dementsprechend überschaubar. Auch die Krönung der englischen Königin Elisabeth II. wurde am 2. Juni 1953 live übertragen.
Und was heute rückblickend sicher auch ein Meilenstein des Fernsehens ist: Die erste Tagesschau wurde am 26. Dezember 1952 ausgestrahlt. Das Fernsehen des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) startete erst am Tag zuvor. Als erste Sendung in Farbe gilt übrigens die Spielshow „Der Goldene Schuss“ 1967.
> Infos und Kontakt: Privates Radio& Fernsehmuseum Datteln, Castroper Straße 396, 45711 Datteln, Tel. (0172) 4475713, Termine nach Vereinbarung (Gruppengröße: maximal vier Personen)