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Holzwickede-Louviers: Louviers ist eine Herzensangelegenheit

Schon seit mehr als 30 von 45 Jahren ist Jochen Hake Vorsitzender des Freundeskreises Holzwickede-Louviers und setzt sich für die deutsch-französische Freundschaft ein / 350 Mitglieder zählt die Holzwickeder Gesellschaft

Ende April waren Gäste aus Louvier mit ihren Holzwickeder Gastgebern zu Besuch im neuen Rathaus. FOTOS: FREUNDESKREIS HOLZWICKEDE-LOUVIERS

Diese Zahl macht sie zu einer der mitgliederstärksten deutsch-französischen Gesellschaften in Deutschland. Es ist keine Bedingung an die Mitgliedschaft geknüpft: „Wenn wir nur Mitglieder aufnehmen würden, die Französisch sprechen, dann hätten wir vielleicht einen kleinen, elitären Kreis pensionierter Französischlehrer,“ vermutet Hake. Die Devise stattdessen: sich gesellschaftlich möglichst breit aufzustellen. Grund für die Mitgliedschaft sei bei den meisten einfach Interesse an Frankreich und dem „Savoir vivre“, der französischen Lebensart.

Für Ende April hat sich wieder eine Gruppe von 32 Besuchern aus der Partnerstadt Louviers angekündigt. Die zwischen 40 und 80 Jahre alten Gäste nehmen die rund 10-stündige Reise per Bus in Kauf, um ihre oft schon Jahrzehnte dauernden Freundschaften in Deutschland zu pflegen.

Die meisten von ihnen kommen immer wieder in den gleichen Holzwickeder Familien unter. Aber auch wenn sich neue Gesichter unter die Gruppe mischen oder alte Gesichter fehlen, hat die Vermittlung neuer Gastfamilien bisher immer gut geklappt, nur sehr vereinzelt bevorzugen Gäste ein Hotel. „Das ist ja auch das Ziel der Reisen: dass man etwas vom Alltagsleben und von den persönlichen Lebensumständen mitbekommt.“ Auch ohne französische Sprachkenntnisse auf der einen und ohne Deutschkenntnisse auf der anderen Seite klappt die private Kommunikation gut: sei es mit dem „dictionnaire“ dem Wörterbuch - oder auch mithilfe der englischen Sprache.

Der Austausch von Jugendlichen im Rahmen der Städtepartnerschaft liegt derzeit brach. Zwar sei das Interesse auf der Seite des Holzwickeder Clara-Schumann-Gymnasiums an einem Schüleraustausch groß, weil hier zwei Drittel aller Schüler Französisch als zweite Fremdsprache wählen, aber auf der französischen Seite herrscht derzeit Mangel an Deutsch-Lehrkräften, was dazu führt, das ein Deutschlehrer oft an mehreren Schulen unterrichtet. Zusätzlich zu dieser Belastung in der Freizeit noch einen Schüleraustausch zu organisieren, das kann sich derzeit dort kaum jemand vorstellen. Jochen Hake hofft, dass sich das bald ändert, möglicherweise durch eine neu aufgelegte Sprachstrategie, die von den Regierungen in Frankreich und Deutschland gerade ausgearbeitet werden.

Er bekommt viele politische Entwicklungen unmittelbar mit, denn er war bereits sechs Jahre lang stellvertretender Vorsitzender Bundesvereinigung der deutsch-französischer Gesellschaften (VDFG) und ist seit Oktober 2022 deren erster Vorsitzender.

Das große Engagement des Holzwickeders und seiner Mitbürger hat dazu geführt, dass Hake bereits zweimal den französischen Staatspräsidenten Macron aus der Nähe betrachten konnte und ihm sogar bereits einmal die Hand schüttelte. Anlass dazu waren die Treffen von Merkel und Macron 2019 im Kaisersaal zu Aachen sowie das Treffen von Scholz und Macron in Paris anlässlich des sechzigsten Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages, durch Konrad Adenauer und Charles de Gaulle.

Darin wurden 1963 wichtige Rahmenbedingungen für die deutsch-französische Freundschaft festgelegt, beispielsweise wie oft sich deutsche und französische Minister der verschiedenen Ressorts jährlich treffen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es keine Selbstverständlichkeit, dass Versöhnung zwischen Deutschen und Franzosen möglich war. Das von Deutschen im Krieg verursachte Leid war noch zu präsent. Eine Beobachtung machte Hake als 15-Jähriger: Zwei Männer, der eine ehemaliger deutscher Soldat, der andere ehemaliger französischer Soldat, umarmten sich mit Tränen in den Augen. Durch solche persönlichen Gesten der Versöhnung wurde Freundschaft wieder möglich. „Kriegsgegner sind zu Freunden geworden, das ist einmalig in der Welt“, so Hake.

Wie in beiden Ländern mit der Aufarbeitung mit der Geschichte von zwei Weltkriegen umgegangen wird, damit hat sich ein zweijähriges Projekt in Holzwickede und Louviers beschäftigt. „Alle haben sich alle sehr viel Mühe gemacht. Es waren sowohl 13bis 14-jährige Schüler als auch 84-jährige Senioren daran beteiligt.“ Mit finanzieller Unterstützung des deutsch-französischen Bürgerfonds wurde daraus die Ausstellung „Gemeinsame Erinnerungskultur“. Das umfassende und digital aufgearbeitete Material ist auch auf der Website der Gesellschaft (hallo-salut.de) zu finden.

2023 gibt es wahrscheinlich zu diesem Projekt noch einen „Nachschlag“: Ein Kleinbus soll im September von Berlin aus durch Deutschland und Frankreich touren, mit Teilen dieser Ausstellung an Bord, und wird voraussichtlich in der ersten Septemberwoche in Holzwickede für anderthalb Tage Station machen, dann in der ersten Oktoberwoche in Louviers halten, um am 20. Oktober das Ziel, nämlich den binationalen Kongress der VDFG in Versailles zu erreichen.