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Leuchtsignale aus dem Stadtteil Frömern

Als im Februar klar wurde, dass viele Menschen aus der Ukraine fliehen müssen und auch im Fröndenberger Raum Zuflucht suchen, entstand das Leuchtturmprojekt.

Jutta Neumann nimmt sich Zeit, auch für unser Telefonat. Sie zählt nicht, wie viele Stunden sie wöchentlich in das Leuchtturmprojekt steckt, das sie gemeinsam mit Gudrun Jacobs, Antje Borchers und Ina Hinz ehrenamtlich organisiert. Glücklicherweise wurden für das Leuchtturmprojekt mit Tanja Tarasenko und Yuliya Zeisler zwei engagierte Sprachmittlerinnen gefunden, sie gehören ebenfalls fest zum Team. Jeden Dienstag treffen sich Projektmitarbeiterinnen und Menschen aus der Ukraine von 17.30 bis 19 Uhr im Gemeindehaus Frömern an der Brauerstraße 5. Was dort unternommen wird, richtet sich danach, wieviele Menschen jeweils kommen und welche Interessen sie haben.

Ein neues Projekt erdacht

Als Jutta Neumann ihrer Bekannten Karin Eckei vom Organisationsteam des Patenschaftskreises Fröndenberg, der seine Arbeit für Flüchtlinge aus allen Ländern leistet, signalisierte, dass sie helfen wolle, hat diese ihr angeboten, das ,,Leuchtturmprojekt" zu übernehmen. „Denk dir was aus", war ihr Auftrag. Deswegen überlegte Jutta Neumann, was sie genau für die Menschen aus der Ukraine erreichen wollte, und stellte fest: ,,Ich möchte, dass die Menschen auch mal ein bisschen Leichtigkeit haben können." Es wurde ein Leitbild und ein Konzept geschrieben, das wohl greift, bei dem aber manche Details in der Realität unwichtig oder unmöglich wurden, wie die ursprünglich angestrebten wiederkehrenden Rituale.

Das Projekt entwickelt sich

In Sachen Räumlichkeiten ist die Ev. Kirchengemeinde Frömern eine große Hilfe: Im dortigen Gemeindehaus ist die Gruppe ohne Mietforderungen willkommen. Darüber hinaus bekommt das Leuchtturmprojekt dort weitere Unterstützung, beispielsweise indem manchmal der Gemeindebus genutzt werden darf. Die Frauengruppe der Gemeinde hat schon ein Buffet organisiert, und kooperiert mit dem Leuchtturmprojekt, so wurde schon eine gemeinsame Kirchenführung in Frömern angeboten. Und die Bücherei Fröndenberg hat sich gemeldet und mitgeteilt, dass dort viele Bücher in ukrainischer Sprache, auch Bilderbücher vorhanden sind.

Sprachbarriere überwinden

Sprache ist ein wichtiger Baustein bei den wöchentlichen offenen Treffen. „Manche möchten unbedingt die deutsche Sprache lernen", so Jutta Neumanns Beobachtung, aber nur mit Unterricht, der mittlerweile angelaufen ist, sei es nicht getan. Wer morgens vier Stunden lang dem schulischen Unterricht folge und sich dann noch mal einige Stunden „zu Hause“ mit dem Wiederholen des Gelernten zubringe, der sei erschöpft, wünsche sich aber gleichzeitig, die Sprache nicht nur im trockenen Unterrichtsumfeld zu hören, sondern sie auch in persönlichen Begegnungen zu erleben.

Wer wünscht sich was?

Aus dem „Was wünsche ich mir?" für das Projekt ist mittlerweile ein "was wünschen sie sich" geworden. Ziel ist es nach wie vor, Menschen aus der Ukraine, fast ausschließlich Frauen verschiedener Generationen und Kinder oder. Enkelkinder, eine gute Zeit zu ermöglichen. Sie abzulenken von der Angst um die Daheimgebliebenen oder von ihren Traumata. „Es ist etwas anderes, ob ich Schicksale im Fernsehen sehe, oder ob mir die Frauen hier gegenüber sitzen und ich ihre Mimik sehe, wenn sie von ihren Erlebnissen erzählen." Sei es die Frau mit kleinem Sohn, die früh das Land verlassen hat, und deren Ehemann schon zu Beginn des Krieges fiel. Sie und ihr Sohn sind hier in ihrem Trauma 24 Stunden und sieben Tage die Woche aneinandergebunden. Denn bisher bekam die Mutter keinen Kindergartenplatz für ihr Kind und kann nicht am Sprachkurs teilnehmen.

Dass diese Frau, die sich sehr schwertut, ihr Kind auch einmal in die Obhut anderer zu geben, während eines Zumba-Kurses einmal gelacht hat, ist für Jutta Neumann ein Erfolg.

Weil Zumba mit seinen ungewohnten Bewegungsabläufen und der mitreißenden Musik insgesamt für viel Spaß bei den Teilnehmerinnen gesorgt hatte, wurde diese Aktion schon einmal wiederholt.

Jugendliche betreuen parallel die Kinder

Jutta Neumann ist glücklich, dass sich drei Jugendliche bereit erklärt haben, sich während der wöchentlichen Treffen mit den mitgebrachten Kindern zu beschäftigen trotz der Sprachbarrieren. Denn bei den ersten Leuchtturm-Treffen war vieles nicht möglich, weil die Kinder die Aufmerksamkeit auf sich zogen und für Chaos anstatt Entspannung sorgten. Allerdings wird alles in der Gruppe je nach Situation entschieden. Mal kommen die Kinder mit, mal genießen sie die Action, die die Jugendlichen ihnen bieten. Ansonsten werden verschiedenste Aktivitäten angeboten, je nachdem, wer etwas für die Gruppe organisiert oder was Teilnehmerinnen von sich aus wünschen. Gut kam ein Besuch im Erdbeerfeld an, sodass auf Nachfrage anschließend auch ein Besuch im Blaubeerfeld folgte.

Kein fester Kreis

Wenn hier manchmal auch das Wort "Gruppe" steht, die Menschen, die sich beim Projekt treffen, sind keine feste Größe. "Es ist nicht fassbar, wer wann kommt. Sie kommen grundsätzlich unpünktlich, es kommen mal zwei, mal zwanzig Teilnehmerinnen, häufig kommen Familien." so Jutta Neumann über ihre bisherigen Erfahrungen (nur zweimal nahmen bisher an den Treffen auch zwei Männer teil). Auf jeden Fall sind bisher immer Menschen zum Treffen gekommen, und deswegen geht es weiter.

Wir lernen bei den Treffen eine Menge. Manchmal klappt gar nichts, manches klappt besser als erwartet." Ein wichtiges Feedback kam von einer der Gastfamilien, in der ukrainische Frauen leben, einer Familie, in der es gut läuft. Offensichtlich ist dies nicht selbstverständlich.

Positives Feedback

Diese Familie hatte festgestellt: „Wir erleben unsere Leute endlich mal entspannt, wenn sie von Euch kommen." Diese Aussage ist Jutta Neumann ebenso viel wert, wie der Dank, der damit verbunden war. Es sei nämlich, bei aller geografischer Nähe, gar nicht so leicht, den Menschen aus der Ukraine nahezukommen, so erlebte es Jutta Neumann.

,,Bis sie offen sind, bis man sie erreicht, das dauert", hat sie festgestellt. Sie denkt, dass das nicht nur mit den Erfahrungen des Krieges, sondern auch mit der jeweiligen Kultur zusammenhängt. Um sich gegenseitig besser zu verstehen, wurden schon gemeinsam Lieder gesungen, Geburtstagskuchen gegessen, und von Festtagsbräuchen erzählt. Aber es geht auch mal raus, um mit den Kindern auf dem Wasserspielplatz Zeit zu verbringen und ein Eis zu essen.

Abwechslung ist gefragt

Beim nächsten Treffen werden dann vielleicht mal Arbeitsblätter bearbeitet, denn eine Deutschlehrerin ist gehört auch zum Team. Wie es weitergeht, bleibt offen. Es kommen immer wieder neue Menschen aus der Ukraine an, während andere schon wieder zurückgegangen sind. Auch für diejenigen, die schon länger im Raum Fröndenberg sind, ist es unmöglich, weit im Voraus zu planen. So wurde ein Zumba-Kurs der VHS für September angekündigt. Die Reaktion der ukrainischen Frauen war zurückhaltend und lautete „Wir wissen nicht, wo wir im September sind." Sich für ein Leben hier zu entscheiden ist vielen nicht möglich. Die Ungewissheit erschwert das Ankommen.

Emotionale Begegnungen

Wenn eine ukrainische Frau, die mit ihrer Tochter hier lebt, auf den daheimgebliebenen Ehemann angesprochen werde und dann antworte, dass sie seit vier Tagen nichts von ihm gehört habe, das sei schwer, bemerkt Jutta Neumann. Sie sagt aber: „Ich mache das Projekt aus Leidenschaft, genau wie meine Kolleginnen."

Freude über Rückenwind

Dankbarkeit ist das Wort, das Jutta Neumann am häufigsten erwähnt. Das Leuchtturmprojekt ist zwar eigenständig, bekommt aber viel Rückenwind. Sei es aus der tollen Gemeinde", von den vielen Menschen, die mitmachen, vom Patenschaftskreis und dem Freundeskreis Fröndenberg-Snowsk e.V. einem Verein der schon 2006 Kontakt zum damals noch Schtors genannten Ort in der Ukraine aufgebaut hat. Dessen Vorsitzender Edgar Boes organisiert im Namen des Vereins die Finanzierung der Leuchtturm-Aktionen und ist auch beim Patenschaftskreis für die Finanzen zuständig.

Weitere Unterstützung

Wer das Leuchtturmprojekt finanziell unterstützen möchte, kann das unter Spendenkonto DE53 4435 0060 0000 0216 59 des Kirchenkreises Unna, Verwendungszweck: "Patenschaftskreis Fröndenberg." Infos: www.patenschaftskreis-froendenberg.de